„Die Vergangenheit, Herkunft und Geschichte der Traunreuter Bürger darf man nicht vergessen oder sogar verschweigen.“

Mit diesem Andrang hatte keiner gerechnet: Die Ausstellung im Heimathaus besuchten mehr als 2000 Besucher, so wurde sie sogar um drei Tage verlängert. Auf großes Interesse stießen auch die Führungen und die Traunreut-Filme, die am Wochenende stündlich gezeigt wurden, um dem Besucheransturm gerecht zu werden. Nicht zuletzt diese gewaltige, durchweg positive Ressonanz zeigt, dass durchaus großes Interesse an der Dokumentation der Entstehung Traunreuts bei den Bürgern besteht. Die ursprüngliche Idee zur Ausstellung „70 Jahre Traunreut“ hatte Fritz Bantscheff, der als 3. Vorsitzender des Vereins des Heimathauses Traunreut sich seit vielen Jahren der Sammlung und dem Erhalt von Information, Fotografien und Gegenständen aus der Geschichte Traunreuts verschrieben hat. Federführend an der Ausstellungskonzeption und Umsetzung wirkte der Dritte Bürgermeister und Ortsheimatpfleger, Johannes Danner, mit.

 

Links im Bild ist der damals 12-jährige Fritz Bantscheff als Zuschauer bei einem der ersten
„Stadtläufe“, auf dem Gelände des heutigen St. Georgsplatzes. Foto: Stadtarchiv Traunreut

 

Seit wann leben Sie in Traunreut?
Ich bin am 13.09.1936 in Bulgarien geboren. Wir kamen 1943 mit dem Schiff Donau aufwärts in Passau an im Rahmen der Rückführung deutscher Minderheiten aus dem Balkan (aus dem mittlerem Donau Raum). Nach einigen Zwischenstationen landeten wir auf den Tag genau am 19.04.1945 in der Gemeinde Stein / St. Georgen. Dort wohnten wir zuerst in Weisham, dann in Weißbrunn und zuletzt in Hörpolding. 1956/1957 haben wir unser erstes Haus in Traunreut gebaut, aber schon ab 1947 habe ich meine Freizeit in der Muna verbracht und hier unter anderem Sport getrieben.

Die ursprügliche Idee zur einer Ausstellung im Heimathaus anlässlich 70 Jahre Traunreut geht auf Sie zurück. Wie kam es dazu?
Da muss ich etwas ausholen. Bürgermeister Parzinger hat um 2013 mittelfristig in Aussicht gestellt, ein Museum in Traunreut einzurichten. Im März 2016 erhielten wir die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, Stellungnahmen durch den Verein Heimathaus und Ortsheimatpfleger Hans Danner erfolgten. Leider wurden wir wiederum mittelfristig auf das Jubiläumsjahr 2020 vertröstet. Im Juli 2019 hatte ich einen persönlichen Termin bei Bürgermeister Ritter, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Schließlich hatte ich schon eine Menge aus den Anfängen der Muna gesammelt wie Lebensläufe, Bilder und Exponate. Ein Museum war jedoch immer noch nicht in Planung, an der ich mich, auch im Rahmen des Heimatvereins, mit einer Dokumentation über die Geschichte Traunreuts beteiligen sollte.
Meine Frage war: „Was gedenkt die Stadt zu tun im Bezug auf das bevorstehende Jubiläum?“ Die Antwort war aus meiner Sicht nicht zufriedenstellend. Denn wir, der Vorstand des Heimathauses, das Archiv und der Ortsheimatpfleger Johannes Danner wollten die Geschichte Traunreuts mit einer Ausstellung für alle Bürger im Jubiläumsjahr präsentieren.
Ich sammele bereits seit 2016 Daten, denn nach der Machbarkeitsstudie wurde ich gebeten alle Firmen, die es ab 1945 bis 1970 gab, aufzuschreiben und zu registrieren, desweiteren Lebensläufe, alte Bilder und Exponate zu sammeln. Der Vorstand des Heimathauses war in der Zwischenzeit in Waldkraiburg und hat sich das dortige Museum angeschaut, das sich im Haus der Kultur befindet und das immer wieder Ausstellungen initiiert. Wir mussten leider feststellen, dass wir, was dieses Thema betrifft, in Traunreut Jahrzehnte verschlafen haben. Wenn wir nicht sofort etwas unternehmen, dann geht in den nächsten 10 Jahren alles verloren, Zeitzeugen werden nicht mehr erzählen können und wir können die genaue Entstehung Traunreuts, die damaligen Umstände wie die Herkunft der Bürger nicht mehr nachvollziegen. Das hat mich damals bewogen eine Ausstellung zu machen.

Wenn Sie Traunreut mit frei Begriffen beschreiben würden, wie würden diese lauten?
Jung, dynamisch, zukunftsorientiert – „Lebenswert“.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Traunreut?
Ich lebe seit ca. 70 Jahren in Traunreut, habe die Entwicklung der Stadt von Anfang an miterlebt, habe viele Stellen im Laufe der Zeit liebgewonnen. Aber mein liebster Platz ist heute, nach dem ich schon in die Jahre gekommen bin, die Terrasse vor meinem Haus. Hier sitze ich mit meiner Frau zusammen und trinke ein Glas Wein oder Bier. Ich ahbe den Wald um mich herum, ich sehe das Bergpanorama und danke dem Herrgott, dass wir in Bayern (Traunreut) so schön und gut leben dürfen.

Wenn Sie zurückblicken, welche Ereignisse sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Nach 70 Jahren ist einiges passiert, drei Punkte möchte ich hervorheben:
1. Oktoberfest in Nettuno
2. Christkindlmarkt in Traunreut, für den wir von der ARGE der Betriebe die Stände selbst gebaut haben. In dem Zusammenhang möchte ich Herrn Jürgen Schweikart erwähnen, der damals unser 1. Vorsitzender war.
3. Auto Spatz Traunreut – Ich war damals Lehrling bei der Firma Alzmetall und durfte bei der Herstellung dieses Fahrzeuges mitwirken. Mein Traum ist es, einmal selbst einen Spatz zu besitzen.

Was hat sich in den letzten 10 Jahren am meisten in Traunreut verändert?
Während meiner Zeit im Stadtrat hatten wir einen wunderbaren Zusammenhalt, parteiübergreifend. Wir haben miteinander für unsere Stadt gearbeitet. Auch wenn wir bei den Sitzungen nicht immer der gleichen Meinung waren, saßen wir hinterher im Bierstüberl oder im Balkan Paradies, stets parteiübergreifend, bei einem Bier zusammen.

Was wünschen Sie sich persönlich für die Zukunft Traunreuts?
Ich wünsche mir, dass von der Bevölkerung und dem Umland die Leistung der Stadt Traunreut mehr anerkannt werden. Wir sind die größte Stadt im Landkreis, zahlen die größte Kreisumlage – bis zu 10.000 Personen sind in Traunreut beschäftigt und wir beteiligen uns gewaltig an der Integration. Das ist eine großartige Leistung.

Nachdem unsere Ausstellung zu unserem Jubiläum „70 Jahre Traunreut“ mit der Dokumentation im Heimathaus so gut angenommen wurde und von allen Seiten großes Lob erfahren durfte, wünsche ich mir, dass man sich der Verantwortung mehr bewusst wird. Die Vergangenheit, Herkunft und Geschichte der Traunreuter Bürger darf man nicht vergessen oder sogar verschweigen. Diese Worte stammen nicht von mir, dass sind die Aussagen der Ausstellungsbesucher.